Ein Geschenk zur Geburt: Nabelschnurblut
Die Nabelschnur und die Plazenta enthalten kindliches Blut, welches auch Nabelschnurblut genannt wird. Das Einzigartige an diesem Blut: In ihm befinden sich bei der Geburt Millionen junge und vitale Stammzellen, die das Potenzial haben, kranke oder beschädigte Zellen bzw. Gewebe zu erneuern. Neben diesen Stammzellen ist Nabelschnurblut auch eine Quelle für andere Zellen mit speziellen Fähigkeiten – junge Immunzellen. Die Zellen aus dem Nabelschnurblut können nur bei der Geburt entnommen und eingelagert werden. Und: Für Mutter und Kind ist die Entnahme völlig schmerzfrei. Erfahre hier, welche Zellen Nabelschnurblut enthält und welche Chancen sie bieten können.
Ca. 470
Millionen Zellen befinden sich im Blut einer Nabelschnur.
Was ist das Besondere an Nabelschnurblut?
Nabelschnurblut enthält neben den normalen Blutbestandteilen wie den roten Blutkörperchen auch Zellen mit besonderen Fähigkeiten zur Behandlung oder Heilung von Krankheiten. Das sind zum einen in großer Zahl blutbildende Stammzellen, auch hämatopoetische Stammzellen genannt. Diese Zellen sind dazu in der Lage, das gesamte Blut eines Menschen neu zu bilden – mit all seinen vielfältigen Zellarten, die zum Beispiel Sauerstofftransport, Blutgerinnung und die Immunabwehr ermöglichen. Sie können kranke oder abgestorbene Zellen ersetzen und somit das Blutsystem ein Leben lang aufrechterhalten.
Was macht Nabelschnurblut zusätzlich wertvoll?
Nabelschnurblut enthält auch Zellen, die bereits Aufgaben von Immunzellen übernehmen können, etwa die natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und T-Zellen. Diese werden aktuell für die Behandlung bestimmter Erkrankungen erforscht. Für T-Zellen konnten bereits entzündungsreduzierende Effekte gezeigt werden. NK-Zellen sind fähig, bestimmte kranke Zellen zu erkennen und diese gezielt zu beseitigen.
Was sind die Vorteile von Zellen aus Nabelschnurblut?
Dieser Überblick zeigt dir, welche Vorteile Zellen aus dem Nabelschnurblut haben. Sie sind:
Ihre Fähigkeiten, sich zu teilen, sind wegen des jungen Alters besonders ausgeprägt.
Werden die blutbildenden Stammzellen z. B. als fremde Spenderzellen bei einer Stammzelltransplantation angewendet, ist das Risiko einer Abstoßungsreaktion geringer als bei ebensolchen Zellen erwachsener Fremdspender.
Da das Blut erst nach der Abnabelung des Babys entnommen wird, ist der Vorgang für Mutter und Kind sicher und schmerzfrei.
Wird Nabelschnurblut korrekt eingelagert, steht es im Bedarfsfall sofort zur Verfügung.
„[Das geringere Risiko einer Abstoßung] macht Stammzellen aus der Nabelschnur in bestimmten Fällen zu einer bevorzugten alternativen Stammzellquelle [im Gegensatz zu Knochenmarktransplantationen].“
Was kann man mit Nabelschnurblut machen?
Aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten werden blutbildende Stammzellen aus dem Nabelschnurblut bereits seit einigen Jahrzehnten in Form von Stammzelltransplantationen eingesetzt – das erste Mal schon 1988. Verschiedene Krebsarten oder auch andere Erkrankungen entstehen durch kranke Blutzellen, die durch eine Hochdosis-Chemotherapie oder Bestrahlung zerstört werden müssen. Dabei werden auch das Knochenmark und damit die Stammzellen der behandelten Person zerstört. Neue Blutzellen können dann nicht mehr gebildet und lebenswichtige Funktionen wie der Sauerstofftransport oder die Immunabwehr nicht mehr aufrechterhalten werden.
Hier kommen die blutbildenden Stammzellen z. B. aus dem Nabelschnurblut ins Spiel: Im Rahmen einer Stammzelltransplantation werden sie der Patientin oder dem Patienten über eine Bluttransfusion verabreicht, wonach sie in das Knochenmark der Patientin oder des Patienten einwandern und dann das Knochenmark und das gesamte Blut erneuern. So wurde Nabelschnurblut bereits mehr als 60.000 Mal zur Behandlung bei etwa 80 verschiedenen Erkrankungen verwendet.
Und weil diese Zellen noch viel mehr Möglichkeiten bieten, ist das Interesse von Forscherinnen und Forschern an ihnen sehr groß. In vielen Bereichen konnte die Stammzellenforschung bereits so weit fortschreiten, dass die Behandlung mit den Stammzellen in klinischen Studien erprobt wird, unter anderem bei Autoimmunerkrankungen, Herzfehlern, Autismus-Spektrum-Störungen und Stoffwechselerkrankungen.
Neben den blutbildenden Stammzellen werden aktuell auch die Immunzellen aus dem Nabelschnurblut intensiv für die Anwendung in der zellbasierten Immuntherapie untersucht. Mit Zellen von Erwachsenen sind diese innovativen Behandlungsmethoden gegen Krebs bereits zugelassen, nun wollen Medizinerinnen und Mediziner auch die einzigartigen Eigenschaften der jungen Stammzellen aus der Nabelschnur nutzen.
MYTHOS
Nabelschnurblut kann nur bei Kindern angewendet werden.
Falsch: Auch Erwachsene können mit Nabelschnurblut behandelt werden. 2010 wurden weltweit etwa 47 Prozent aller gespendeten Nabelschnurblute Erwachsenen transplantiert. Allerdings gilt: Je größer das Körpergewicht der Patientin oder des Patienten, desto mehr Stammzellen werden benötigt. Für Kinder und Personen bis 50 Kilogramm ist in der Regel das Nabelschnurblut aus einer Spende ausreichend. Werden mehr Stammzellen benötigt, müssen – zumindest heute noch – zwei oder drei passende Spendertransplantate miteinander kombiniert werden.